Seizoensafsluiter vol grind en kasseien: Flanders Legacy Gravel

Flanders Legacy Gravel-Saisonfinale mit Schotter und Kopfsteinpflaster

In „Unpaved Chronicles“ tauchen wir ein in die Welt des Gravel-Racings. Diese rasant wachsende Disziplin vereint das Abenteuer Offroad-Fahren mit der Intensität eines Rennsports. Kein glatter Asphalt, sondern Schotterpisten, steile Anstiege und unberechenbares Terrain. Immer mehr Fahrer zieht es zu dieser Mischung aus Ausdauer, Technik und Taktik. Jedes Rennen ist geprägt von einem harten Kampf um Podiumsplätze und die Qualifikation für die Gravel-Weltmeisterschaft.

Wir folgen den Fahrern von Airoman.cc Ganz nah dran, bei UCI-Rennen im In- und Ausland. Von der Vorbereitung bis zum Ziel, vom Schlamm bis zur Medaille – das ist Gravel aus ihrer Sicht.

Nach der Gravel-Weltmeisterschaft ist die Saison 2025 beendet, doch für einige Enthusiasten stand noch ein letztes Event an: das Flanders Legacy Gravel in Leuven. Dieses Rennen diente gleichzeitig als erstes Qualifikationsrennen für 2026 – ein würdiger Abschluss eines langen Jahres voller Gravel und Schweiß. Drei 48 Kilometer lange Rundkurse führten durch die flämische Landschaft und boten Kopfsteinpflaster, Singletrails und kurze, anspruchsvolle Anstiege. Für Liesl Meeus und Yael Prenger war es der perfekte Saisonabschluss: ohne Druck, aber mit einer gehörigen Portion Kampfgeist.

Ohne Druck, mit Elan

Für beide Fahrerinnen war dieses Rennen der krönende Abschluss der Saison. Liesl: „Ich hatte nach der Weltmeisterschaft letzte Woche kein gezieltes Training absolviert. Ich hatte dort wegen einer Krankheit einen richtig schlechten Tag und wollte diese Woche vor dem Legacy Gravel einfach nur Spaß auf dem Rad haben.“ Ähnlich ging es Yael, obwohl sie ihrer Vorbereitung ein paar fokussiertere Trainingseinheiten hinzufügte. „Aber die meisten Fahrten waren einfach nur gemütliche Kaffeefahrten!“ Trotz der entspannten Vorbereitung waren beide Fahrerinnen auf ein gutes Ergebnis fokussiert. Yael: „Letzte Woche bei der Gravel-Weltmeisterschaft merkte ich zum ersten Mal, dass es nach all den Schwierigkeiten mit meiner Hüftverletzung wieder etwas besser lief. Ich wollte dieses Gefühl unbedingt festhalten, und ein Podiumsplatz war definitiv mein Ziel.“

Auch Liesl peilte eine Top-Platzierung an, nicht zuletzt, weil es ihr Heimrennen war – der Start lag nur zehn Kilometer von ihrer Haustür entfernt. Sie kannte die Strecke wie ihre Westentasche, besonders nach einigen Erkundungsfahrten. „Anfangs war ich nicht so begeistert von der Strecke; zu viele Kopfsteinpflaster und Singletrails. Aber je mehr ich sie erkundete, desto besser gefiel sie mir.“ Yael war etwas weniger begeistert. „Letztes Jahr bei der Weltmeisterschaft in Leuven gab es hauptsächlich breite Schotterstraßen, was ich auch dieses Mal erwartet hatte. Als die Hälfte der Strecke dann aus Singletrails und Kopfsteinpflaster bestand, musste ich mich erst einmal umgewöhnen.“ War sie schon einmal auf Kopfsteinpflaster gefahren? „Nein, noch nie. Nach der Erkundung am Samstag hatte ich außerdem Krämpfe in den Unterarmen vom Festhalten am Lenker, daher graute es mir davor, die gleiche Strecke dreimal zu fahren.“

Start mit Vollgas

Da es in den Frauenkategorien nur wenige Teilnehmerinnen gab, starteten alle Altersgruppen gemeinsam. Liesl fand das in Ordnung, und Yael begrüßte es: „So konnten die besseren Fahrerinnen zusammen fahren und etwas Wettkampfgeist entwickeln.“ Vom Startschuss an tat Liesl, was sie nach eigenen Angaben immer tut: Sie übernahm die Führung. „Deshalb konnte ich am ersten richtigen Anstieg des Tages nicht auf die Beschleunigung reagieren.“ Yael: „Ich habe die erste Runde hauptsächlich damit verbracht, mich einzufahren. Wie fühle ich mich und wie sind die Anstiege? Ich wurde nicht enttäuscht; ich habe mich schnell erholt, als ich die Führung abgegeben hatte, und bin den Anstieg recht problemlos hochgefahren.“ Deshalb sorgte sie am ersten langen Anstieg für eine Überraschung: „Wir fuhren mit den Frauen hinter einigen Männern aus der Altersgruppe, die ein ordentliches Tempo vorgaben. Am besagten Anstieg sah ich die Chance, mich abzusetzen und zusammen mit einem Fahrer aus der Altersgruppe das Tempo zu halten.“ Zwanzig Minuten lang gab Yael Vollgas, ohne zurückzublicken. „Als ich später nachsah, wer noch bei uns war, stellte sich heraus, dass nur noch drei Damen übrig waren, von denen nur Elisa (Serné) in meinem Alter war.“

Liesl fuhr derweil mit etwas Abstand dahinter und wechselte sich mit einer anderen Fahrerin an der Spitze ab. „Ich wusste, dass ich zu diesem Zeitpunkt die vierte Frau in meinem Alter war, also hoffte ich, dass wir die Dritte noch einholen könnten.“ Während dieser Verfolgungsjagd genoss sie das Rennen auch: „Überall an der Strecke waren Freunde und Familie, die mich anfeuerten, das war echt super!“ Etwa 25 Kilometer vor dem Ziel entdeckte Liesl die Dritte. „Ich fragte die Männer in unserer Gruppe, ob sie mir helfen wollten, die Lücke zu schließen, aber sie konnten nichts ausrichten. Also habe ich einfach selbst das Tempo erhöht.“ Sie erreichte die Gruppe der Dritten, machte eine kurze Pause, bevor sie aufholte und als Dritte die Ziellinie überquerte. „Nach der enttäuschenden Weltmeisterschaft letzte Woche war ich mit diesem dritten Platz sehr zufrieden, vor allem, weil es ein Rennen in meiner Heimatregion war!“

Kämpfe bis zum letzten Aufstieg

Für Yael war es alles andere als einfach, es an der Spitze des Rennens ruhiger angehen zu lassen: „Wir hatten keinen klaren Überblick über unseren Vorsprung, deshalb habe ich es nicht gewagt, es ruhiger angehen zu lassen.“ Die letzte und dritte Runde war daher eine harte und besonders unangenehme Tortur: „Ich hatte die Nase voll von diesem blöden Kopfsteinpflaster!“ Da es nur eine andere Frau in ihrer Altersklasse gab, war es ein Kampf um den Sieg. Yael: „Ich bin den letzten Anstieg mit Vollgas hochgefahren und oben angekommen bin ich genauso schnell wieder runtergesprintet.“ Dadurch konnte nur Kim (Knaeps, AG 35-40) folgen, und Yael fuhr als Siegerin ins Ziel. „Ich hatte ständig Angst, dass Elisa zurückkommt, deshalb habe ich bis zum Schluss Gas gegeben. Am Ende war es nicht nötig, denn im Ziel betrug der Unterschied nur zwei Minuten…“

Die Anstrengung auf den letzten Kilometern reichte Yael am Ende zum Sieg: „Mir war gar nicht bewusst, dass ich mit Kim auch um den Gesamtsieg kämpfte. Als sie 200 Meter vor dem Ziel attackierte, war das ziemlich unerwartet.“ Sie fügt hinzu: „Und ich bezweifle, dass ich sonst hätte mithalten können, denn meine Beine waren total erschöpft.“ Kein Gesamtsieg, aber ein Sieg in der Altersklasse 19-34. Yael: „Das war mein Ziel zu Beginn der Saison, aber wegen der vielen Verletzungen hielt ich es nicht mehr für möglich. So ins Ziel zu kommen, ist wirklich großartig. Vor allem die Art und Weise, wie ich es geschafft habe: Ich attackierte, baute eine Lücke aus und setzte mich am Anstieg ab. Das Starterfeld war zwar nicht groß, aber die Topfahrerinnen waren definitiv stark, deshalb bin ich einfach nur glücklich!“

Eine wohlverdiente Pause

Und jetzt? „Jetzt ist Saisonpause!“, sagen Yael und Liesl. Das heißt aber nicht, dass Liesl komplett untätig sein wird: „Das geht nicht, deshalb werde ich oft auf dem Padelplatz sein. Ich liebe diesen Sport, aber während der Saison ist das Verletzungsrisiko einfach zu hoch.“ Sie kämpft außerdem noch mit den Nachwirkungen ihres Sturzes in Vianden (Luxemburg). „Darauf werde ich mich konzentrieren, um mich optimal auf eine hoffentlich genauso erfolgreiche Saison 2026 vorzubereiten!“ Für Yael wird die Saisonpause von ihrer Hüftverletzung bestimmt: „Ich wurde diese Woche operiert und kann vier Wochen lang nicht mit den Beinen trainieren und muss Kompressionsshorts tragen. Hoffentlich ist danach alles vorbei und ich kann erholt in die neue Saison starten.“ Außerdem wird sie sich in diesem Jahr zum ersten Mal voll und ganz dem Radsport widmen. „Ich freue mich schon riesig darauf!“

 

Zurück zum Blog